Nothing is for granted
1. März 2015
28 Tage. 4 Wochen. Ein ganzer Monat. Dies war bisher meine längste Reise, die ich ohne festen Wohnsitz gemacht habe. Und allein. Ein paar Fakten:
- Ich habe in 11 verschiedenen Betten geschlafen.
- Ich habe 5x meine Wäsche gewaschen oder waschen lassen (aber eher teilweise… einige Sachen gar nicht, was man auch riecht).
- Insgesamt dürfte ich so um die 30-50 Mückenstiche eingesammelt haben.
- Ich war 2x wegen 2 verschiedenen Leiden beim Arzt.
- Ich war 7 Tage krank.
- Ich hatte mit Leuten aus 15 verschiedenen Ländern zu tun, Filipinos ausgeschlossen.
- Ich habe 8 Leute getroffen, die auch in China arbeiten oder studieren.
- Sicherlich habe ich nur 5 philippinische Gerichte gegessen (und dann beschlossen, dass ich es nicht mag – abgesehen von Halo Halo – und die Chance auf westliches Essen nutzen sollte).
- Ich habe 9 verschiedene Verkehrsmittel genutzt, um von A nach B zu kommen (Füße ausgeschlossen).
- Ich hatte es 3x mit Kakerlaken in meinem Zimmer/ Bett/ Rucksack zu tun gehabt.
- Ich habe vielleicht 2 Leute getroffen, die kein Englisch sprachen.
- Ich habe 2 Kleidungsstücke in meinem Rucksack niemals angezogen.
- Ich habe 1 Packung Sonnencreme (LSF 30) und 1,5 Packungen Mückenabwehr verbraucht.
Meine vollendete Route (zurück nach Manila mit Flugzeug)
Desweiteren ist zu sagen, dass es überhaupt kein Problem war alleine (als Frau) in Südost Asien zu reisen. Ich pauschalisiere das einfach mal, weil ich das viele Reisende, die schon woanders waren (Malaysia, Indonesien, Thailand, Laos, Kambodscha), gefragt habe und alle das Gleiche sagen. Natürlich sollte man die Regeln, die einem der gesunde Verstand sagt, nicht außer Acht lassen, z.B. die, dass es in großen bzw. Hauptstädten immer etwas anders zugeht und man da nicht unbedingt nachts allein durch dunkle Gassen rennen sollte. Wertsachen im Auge behalten, auch wenn man sich da nicht so paranoid anstellen muss, wie z.B. in Kapstadt *grins* Ich habe oft meinen ganzen Rucksack oder Laptop auf dem Tisch im Restaurant stehen gelassen und war auf dem Klo. Manchmal reicht ein Wink zum Kellner, dann hat da jemand ein Auge drauf. Filipinos, also der männliche Teil der Bevölkerung, sind Machos. Sie machen Sprüche, flirten rum und lassen manchmal den lässigen Arsch raushängen, aber wenn man höflich-distanziert bleibt, ist alles gut. Man wird (meiner Erfahrung nach) nicht bedrängt oder unangenehm angegrabscht, eher ist es dann doch eher so, dass immer jemand da ist, der einem das schwere Gepäck abnehmen will, egal ob man sagt, dass man das schon 3 Wochen mit sich herumschleppt. Und wenn man nach dem Weg fragt, dann bekommt man eigentlich immer eine hilfsbereite Antwort oder es wird gemeinsam so lange nach jemanden gesucht, bis man am Ziel angekommen ist. Da hier 95% der Bevölkerung fließend Englisch spricht, ist Kommunikation wirklich keine Hürde. Ansonsten ist der Service in Restaurants, Hotels oder im Supermarkt sehr gut. Es gibt immer ein ‘Hallo’, ‘Schönen Tag’, ‘Guten Weg’ und ‘Auf Wiedersehen’. Von dieser (Gast-)Freundlichkeit kann sich echt jedes Land der Welt eine Scheibe abschneiden.
Was ich noch unbedingt loswerden wollte, aber bisher keine Ruhe fand: Ich habe während dieser 28 Tage Erfahrungen gemacht, die mein Leben sehr bereichert haben. Dazu zählen auch Dinge, die man gerne im Alltag ausblendet, weil es einen nicht direkt betrifft. Das Thema Sexourismus hatte ich ja schon erläutert und gerade gestern, wo ich in der MOA (Mall of Asia, eine Shopping Mall so groß wie ein Bremer Stadtteil) shoppen war, nochmal im Kopf gehabt. Dort waren nämlich von allen Weißen zu 80% nur Männer über 50 zu sehen und ALLE mit philippinischer Frau an der Seite. Ich habe mit einigen dieser Männer gesprochen, eher durch Zufall und nicht á la “Hi, schämst du dich nicht?!”. Mein Tauchguide in Siquijor war z.B. Holländer und lebt seit 3 Jahren fest auf den Philippinen, hat eine Filipina als Frau und eine Tochter mit ihr. Oder gestern hatte ich in der MOA ein fast einstündiges Gespräch mit einem 62-jährigen Kanadier, der vor 20 Jahren auf die Philippinen kam und einen 18-Jährigen Sohn hat (und zig Häuser, er arbeitet in der Ölindustrie). Kamen diese Männer einst auch nur wegen der ‘leichten Beute’ hier her? Ich weiß es nicht, die Frage habe ich mir nu gedanklich gestellt. Ich bin mir sicher, dass gut verdienene Männer sowohl in ihrer Heimat, als auch auf den Philippinen ihre Frau/Familie haben. Ich denke, die Filipinas sorgt das nicht so sehr, denn wenn er ausreichend Geld für sie, das vielleicht vorhandene Kind und vielleicht sogar für die ganze Familie hat, dann können sie davon nur profitieren. Ich kategorisiere diese Art der ‘Familienhaltung’ mal nicht als Sextourismus… müsste mich damit aber nochmal genauer auseinandersetzen.
Besagter Kanadier gestern hatte auch ein anderes Thema angesprochen: Armut. Was ich heute Morgen um 4 Uhr auf dem Weg zum Flughafen allein gesehen habe, stimmte mich melancholisch. Die gesamten Bürgersteige sind zugepflastert mit Menschen, die dort schlafen. Einige spannen einen Regenschirm über sich, doch sehr viel mehr haben sie nicht. Die Kinder, die offen betteln, sind kaum sauberer als die Straßenhunde (und die sehen so schlimm aus, dass selbst ich die nicht anfasse, und das soll was heißen!).
Es ist paradox, dass einem in dem Land, wo man so viele Schattenseiten der Gesellschaft sieht (und es sind universelle Schattenseiten, keine landesspezifischen, denn wenn wir kein fließend Wasser, kein Strom, keine Bildung, Geld und Essen hätten, dann sähe es auf unseren Straßen genauso aus), gleichzeitig so viel Gutes widerfährt und so viele liebenswürdige Menschen trifft. Als Reisender kann man nur aufnehmen, beobachten, sich selbst ein Urteil bilden – aber eingreifen oder etwas verändern kann man nicht. Man steht irgendwo mit einem Bein in seiner gewohnten Welt mit ihren bekannten Mustern und mit dem anderen in einer völlig fremden, die man zu verstehen versucht, aber letztendlich nicht mehr schafft, als ein wenig an der Oberfläche zu kratzen. Aber – das sollte man auf jeden Fall tun! Man sollte vielleicht nicht den Weltretter-Gedanken hegen und glauben, dass man mit dem gespendeten Euro etwas bewirkt hat, aber man kann etwas mitnehmen (ich rede jetzt nicht von Schürfwunden und Mückenstichen), das hilft, die Welt ein klein wenig besser zu verstehen. Zu sehen, wie so woanders tickt. Zusammenhänge erkennen und vielleicht sein Handeln dahingehend anzupassen; rücksichtsvoller, sparsamer und nachhaltiger denken.
Denn eins müssen wir immer vor Augen haben: Nichts ist selbstverständlich.
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Ein Kommentar
Selina
Bin mal sehr gespannt ?