Wenn Dinge auf den zweiten Blick bitter schmecken
Gestern nach dem inklusiven Frühstück meines Hostels in Manila packte ich meine Sachen und machte mich auf den Weg zum Busbahnhof. Ich gehöre wahrscheinlich zu den Personen, die mit 4 Nächten am längsten dort blieben, aber ich habe einiges in der Hauptstadt gelernt und viele nette Menschen getroffen – unter anderem Kim, die mir die Malaria Medizin aushändigte, überreicht von einem Inder aus Mumbai. Lange Geschichte… Jedenfalls habe ich die Tabletten nun bei mir, just in case. Kim zeigte mir noch eine Kunstausstellung, die die Geschichte der Philippinen erzählte. Wusstet ihr, dass die Philippinen die erste demokratische Regierung in Südost-Asien stellte? Trotzdem herrscht in den obersten Reihen nach wie vor Korruption und ist gleich neben der Armut das größte Problem des Landes. Ich habe viele Straßenkinder gesehen, unglaublich schmutzig und abgemagert (es heißt, es gibt von ihnen um die 1,5 Millionen im Land). Und mit noch einer Sache, die gerade hier in meinem zweiten Zielort vorherrscht, muss ich noch lernen umzugehen: Sextourismus.
Ich bin an einem Touristenort gelandet, der zwei Sorten von Menschen anzieht: Taucher und Sextouristen. Ich schätze, es gibt hier allein in direkter Fußnähe um die 30 Tauchzentren und auch meine Herberge hat eine eigene Tauchbasis. Apropos Herberge: Die Unterkunft, die ich gebucht hatte, habe ich nie erreicht. Sie liegt 3km vom Strand entfernt und bevor ich den Weg auf mich nehmen konnte (auf dem Rücksitz eines Motorrad und das mit 20kg-Rucksack), wurde ich von einem Mann angeworben, dessen Familie ein Restaurant, die Zimmer darüber und eben die Tauchbasis besitzt (naja, und der Größe dieser Familie nach zu schließen gehört ihr noch sicher ein Dutzend anderer Bars, Restaurants oder Shops). Wenn ich ganz ganz viel Glück habe, dann kommen in den nächsten 2 Tagen keine anderen Gäste und ich habe das gesamte Dach (mit Meerblick!) für mich allein 🙂 Habe sogar -ganz versteck- einen Gasherd, Wasserkocher und Geschirr gefunden, sodass ich heute mit meinem selbst gemachten Kaffee (ja, ich trage Kaffee und Filter mit mir herum!) auf dem Dach sitzen und die Bootsfahrer beobachten konnte. Das Restaurant unter mir öffnet nämlich erst um 9 Uhr und bis dahin bin ich verhungert/verdurstet, denn ich stehe gegen 6 Uhr auf. Neben dem andauernden Meeresrauschen gehört dies zur süßen Seite dieses Ortes. Die bittere heißt, wie schon gesagt, Sextourismus.
Zu meiner Schande gehören Deutsche zum Großteil der Besucher hier (neben Koreanern) und sie sind alle über 50 und ALLE haben sie ihr Girlie an der Hand: Junge, hübsche Frauen, die von ihnen ausgehalten werden. Man muss hier nur in eine Bar gehen und wird eingefangen (und das ist ja das, worauf die Männer aus sind). Ich muss gestehen, dass ich bisher nur 2 westliche Frauen in Begleitung ihrer Männer gesehen habe, ansonsten gehöre ich hier (wie so oft) zum kuriosen Sonderfall. Dabei habe ich den Einheimischen hier gesagt, dass ich meinen Freund in 3 Tagen auf Boracay (mein nächster Stopp) treffe, weil er noch geschäftlich eingebunden war und nicht früher kommen konnte… Ich habe keine Lust, dass ich bei dem Überschuss an männlichen Filipinos, deren Frauen vielleicht gerade irgendeinen alten Daddy das Geld aus der Tasche ziehen, als Ausgleich herhalten soll. Es herrscht hier ein reges Nachtleben aus Bars und Diskotheken, die ich jetzt nicht unbedingt gesucht hatte, daher bin ich noch am Überleben, ob ich wirklich 3 oder doch nur 2 Nächte hier bleibe. Allerdings gibt es außerhalb von Puerto Galera eine Menge zu entdecken: einen Wasserfall, weitere leere Strände, einen Vulkan und ne ganze Menge einsamer Inseln.
Meine Unterkunft auf dem Dach des Restaurants, die ich bisher noch für mich alleine habe. Ausblick von meinem Dach aus.
Zunächst aber bin ich gleich um 9 Uhr heute Morgen runter zur Tauchbasis und war die einzige, sodass sich gleich 2 Tauchlehrer um mich kümmern konnten (und einer von ihnen hatte Oberarme so breit wie meine Oberschenkel, hawrrr). Ich musst den Jungs erst einmal erklären, dass ich seit 3 (?) Jahren nicht mehr im Wasser war, aber da ich ja die einzige Schülerin für die frühe Tour war, bekam ich ne Einweisung, den ganzen Check und dann ging es mit dem Boot auch gleich schon 2 Buchten weiter. Ich war aufgeregt und hatte auch ein bisschen Schiss, dass ich meinen ersten „richtigen“ Open Water Tauchgang verbocken könnte. Doch die Angst vor unbegründet, denn sobald mein Kopf unter Wasser war, war alles wie gewohnt und ich sehr sicher und ruhig. Einziges Problem war die scheiß Brille, die nicht passte und undicht war… ich war die meiste Zeit damit beschäftigt, sie auszublasen, was dazu führte, dass ich eine Kontaktlinse verlor… Scheiße, ich hätte sie gleich draußen lassen sollen, hatte aber Angst, dass ich sonst von den Korallen nicht viel sehen würde. Ich werde nachher mal losgehen und sehen, dass ich irgendwo Tageslinsen herbekomme, sonst muss ich halt blind weiter und das kotzt mich an, denn eigentlich habe ich keine Lust die ganze Zeit meine Brille auf der Nase zu tragen, zumal ich ja ne Sonnenbrille brauche. Aber zurück zum Tauchgang: Sooooo geil! Seepferdchen, Korallen, diese Riesenmuscheln in der Größe eines Tisches, Clownfische, die ihre Korallen verteidigten, bunte Schnecken… hach, wirklich wirklich toll. Und als wir wieder im Boot saßen, sagte man mir, dass man nicht gemerkt hatte, dass ich so lange nicht mehr im Wasser war. Ich verheimlichte, dass ich meine Linse verloren hatte 😀
Übrigens: Ein Tauchgang mit Ausrüstung kostet 20€, was echt okay ist und in Anbetracht dessen, dass ich bisher von 13€ am Tag lebe (keine Ahnung, wie ich das bisher geschafft habe), kann ich mir das echt gönnen. Gleich morgen früh fahre ich nochmal raus.
So, und jetzt mal Mittagessen und die Mittagshitze vertrödeln, später fahre ich zu einem Strand, den ich vom Boot aus gesehen hatte und wo kaum Menschen waren. Zuletzt will ich euch noch jemanden vorstellen:
Das ist der Philippinenadler oder auch Affenadler genannt. Die Gattung Pithecophaga ist monotypisch mit dem Philippinenadler als einzige Art – das Foto habe ich einer Auffangstation für verletzte Exoten in Manila geschossen.