Nanjing

Erfahrungen, die man halt so macht

Ich muss gestehen, es gibt gar nicht mehr soooo viel, das mich hier noch umhaut. Abgesehen von extrem langen Wartezeiten für alles (muss der Typ hinter der Bank gleich all seinen Kollegen meinen exotisch-deutschen Reisepass zeigen?) und der fehlerhaften Informationsweitergabe, die ja auch dafür verantwortlich war, das ich schon mit gepackten Koffern hin und her kurven durfte.
Tja, aber manchmal gibt’s dann halt doch Situationen, in denen ich am liebsten schreiend davon laufen möchte.
So gestern.

Da ich immer noch keine Besitzerin eines Studentenausweises bin, aber trotzdem mal in das Sportangebot schauen wollte, besuchte ich die Einrichtung, die mir bei 33 Grad am erträglichsten erschien: Das Schwimmbad. Ich hatte schon Horrorszenarien im Kopf – grüne Fliesen, spackige Duschen, grünes Wasser… aber ich war doch positiv überrascht, denn es war alles sauber, man bekam Schließfächer und ich wurde gar nicht SO blöd angeguckt, nur ein bisschen. Also das, was man mittlerweile schon sehr gut ignorieren kann. Hey, ich konnte mich sogar nackisch machen, ohne dass sich die ganze Umkleidekabine nach mir umgedreht hat! Ja, die chinesischen Frauen sind gar nicht so verhalten, wie man denkt; allein die Tatsache, dass die Putzfrauen in meinem Wohnheim nachmittags die Duschen blockieren und dabei mit offener Kabine duschen, spricht für sich. Nun denn, mir soll es recht sein, lieber so als beschämtes Lächeln, wenn man das Duschhandtuch runterrutscht…

Okay, zurück zum Schwimmbad.

Ich also auf eigene Faust los, alles gefunden, Wertsachen verschlossen, abgeduscht und ab ins Schwimmbecken – doch Moment, da schrillt eine Pfeife vom Bademeister. Nach dem dritten Pfeifen schaue ich endlich auf und sehe, wie der Verursache wild gestikuliert und sich auf den Kopf haut. Äh… zehn Sekunden Nachdenken später und ich weiß, was er will: Ich soll mir ne Badehaube aufsetzen. Ups. Bei genauerem Hinsehen erkenne ich auch, dass alle eine tragen, und nicht nur das: Schwimmbrille und Ohrenstöpsel auch gleich dazu. Richtige Profis alles. Mhm, was nun? Ich bin kein Profischwimmer (ich kann eigentlich überhaupt nicht gut schwimmen) und besitze so etwas nicht. Kurzumwunden spreche ich also die nächste Frau an und nach ein paar Worten ist sie gewillt, mir aus der misslichen Lage zu helfen. Sie führt mich wieder zurück durch die Kabinen bis zum Eingang (wohlgemerkt; ich bin nass und nur in Badeanzug), wo sie zu einem Mini-Shop zeigt, wo man alles erstehen kann, was des Schimmers Herz begehrt. Tja, nur zu blöd, dass ich mein letztes Geld für das Schließfach als Pfand dagelassen habe… ich schildere ihr die Lage und wir machen ein Abkommen, dass ich die Kappe jetzt schon haben kann und bezahle, sobald ich mein Pfandgeld zurück habe (beides kostet 10 Yuan). Wunderbar, endlich richtig ausgestattet, kann ich ins Becken und ziehe meine Bahnen.. naja, paddel im halben Tempo mehr wie ein ertrinkender Hund. Aber hey, sauberes Wasser, kein Schweiß mehr auf der Haut… schönes Gefühl.

Bis der erste Rotzlaut erklingt und etwas Schleimiges neben mir im Wasser landet. Und gleich der Nächste. Wie ihr wisst, ist das Spucken in China leider eine Mentalität, die man den Chinesen einfach nicht ausprügeln kann. Man hat es 2008 zu den Olympischen Spielen in Peking durch Strafgelder versucht, doch vergebens: Anstatt sich die Nase zu putzen, wird tief ausgeholt und geräuschvoll ausgekotzt. Egal wo. Und ihr kenn es doch sicher im Schwimmbad, wenn einem das Chlorwasser mal etwas in die Nase läuft, dann hat man ja auch mal Bedürfnis, den Rotz aus der Nase zu schnäuzen. Machen wir aber nicht, zumindest nicht SO.
Der Chinese schon.
Und das alle 5 Minuten.
Die ersten 15 Minuten konnte ich das noch irgendwie ausblenden, aber dann erwachten die ganzen Phantasien in meinem Kopf, wie ich in dieser Rotze drin schwimme… Und dann war es vorbei. Schaudernd verlasse ich das Becken und gehe mich gründlich abduschen.

In Gedanken streiche ich Schwimmen von meiner Sportliste und das nicht nur wegen der Rotzerei, sondern auch, weil ich neben den ganzen Schwimmern einfach peinlich aussehe. Ernsthaft, die Bademeister (davon waren gleich 3 Stück anwesend!) beobachteten mich manchmal etwas zweifelnd, als ob sie am Überlegen wären, mich nicht doch zu retten… Unnötig zu erwähnen, dass ich ‘nen Tauchschein habe, oder? Aber professionelles Schwimmen habe ich nie gelernt, also kann ich das Schwimmbad von meiner Leiste streichen und werde mich dem nächsten Sport zuwenden: Aerobic, Boxen oder Taekwondo 😉

Auf mehr Erfolg!

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