Na, welche Rasse bist du?
Wie ich damals bei meinem ersten Besuch 2015 in Malaysia festgestellt hatte, ist die Bevölkerung ziemlich bunt. Das, was sich “Malaie” nennt, ist eigentlich auch Indonesier, aber wenn du das sagst, werden die böse. Ich dachte: Cool, ein Land, wo mal mehrere Religionen und Ethnien völlig in Frieden zusammenleben… Nunja, natürlich sieht das Ganze alles ein bisschen anders aus…
Malaysias Bevölkerung besteht aus 31 Mio. Einwohnern, davon leben die Meisten auf der Halbinsel (Westmalaysia), also hier am Zipfel Thailands. Ca. 5 Millionen leben auf dem nördlichen Teil Borneos (Ostmalaysia), der ebenfalls noch zu Malaysia gehört. Der Rest Borneos gehört zu Indonesien. Laut Verfassung ist ein ethnischer Malaie Moslem. Auf Borneo sind 50-60% der Einwohner indigen und keine Moslems, also ethnisch auch keine Malaien, aber natürlich Malaysier (also mit malaysischer Staatsangehörigkeit).
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Die zweitgrößte ethnische Bevölkerungsgruppe sind die Chinesen. Die kamen hier mal vor langer Zeit her, um Handel zu betreiben und das ist auch das, was sie heute noch tun: Einzel- und Großhandel, Werkstätte, dutzende Restaurants, Hotels, Immobilien oder Autoverkäufer – alles Chinesen. Wenn man einen BMW, Mercedes oder etwas noch Teureres sieht, dann sitzt ein Chinese hinterm Lenkrad. Die machen Geld, die haben die fetten Villen und die bleiben (natürlich) unter sich, weil man ja nicht einfach einen Malaien heiraten kann, da daran ja die Religion gebunden ist (man müsste also konvertieren, wohingegen kein Malaie offiziell zu einer anderen Religionen konvertieren darf). Die Chinesen sind zum größten Teil Buddhisten. Jetzt ist es ja schon komisch, dass anscheinend alle Chinesen gut mit Geld können, aber eigentlich ist diese Verteilung das Ergebnis einer ganz simplen (und dummen) Regelung: Der öffentliche Dienst MUSS von Malaien besetzt werden. Das heißt im Klartext, dass Banken, Post, Ölkonzerne (staatlich, weil es ja hier unter der Erde liegt), die beiden großen Autohersteller Proton und Perodua und alle anderen Ämter, Schulen und Universitäten von Malaien geführt werden. Ausnahme gibt es, nämlich wenn für eine Position kein Malaie qualifiziert ist. Deshalb kann ich als Nicht-Malaie hier an einer öffentlichen Uni arbeiten. Ihr könnt euch aber sicher vorstellen, wie viele ausländische Kollegen ich habe… genau, so gut wie keine außer Inder (IT Geeks).
Die Inder machen die drittgrößte ethnische Bevölkerungsgruppe aus, also gleich nach den Chinesen. Die kamen mal mit den Briten hier her, da Malaysia genauso zur britischen Kolonie gehörte, wie Indien. Unter der britischen Kolonialherrschaft damals waren Inder vor allem für das Grobe zuständig, also Straßen- und Brückenbau, Plantagenarbeit usw. Die Inder brachten auch den Hinduismus ins Land und damit die schönen Tempel hier – und das beste Essen im Land hier 😀
Wenn ich also von Chinesen und Indern spreche, sind es trotzdem Malaysier, also sie haben die Malaysische Staatsbürgerschaft. Ethnisch sind sie aber keine Malaien, da keine Moslems. Würden sie zum Islam konvertieren, könnten sie als Malaien anerkannt werden. Was und ob da noch weitere Voraussetzungen geschaffen sein müssen, weiß ich nicht.
Nun, sie haben ja alle ihren Pass, in dem sie offiziell Malaysier sind. Damit wären doch alle gleichberechtigt, oder? Wenn es da nicht diese kleine aber entscheidende Kategorie “Rasse” gäbe. Ernsthaft, das steht da. Das stand auch in meinen Unterlagen und ich war kurz davor, einfach Panda einzutragen (ihr wisst schon, schwarz, weiß und asiatisch). Ich bin übrigens lain-lain, also “andere Sorte”. Und ungleiche Behandlung ist so im Alltag nicht zu sehen, da ja alle ihre Religion praktizieren, ihr Halal Zeug oder ihre Schweinebacken essen oder eben einen vierarmigen Elefantengott anbeten. So what? Aber nun definiert sich Malaysia ja laut Verfassung als islamisch und damit gibt es natürlich Ungleichheiten, wobei meines Erachtens alle darunter leiden, nicht nur die Nicht-Malaien. Beispiel: Staatliche Stipendien werden bevorzugt und zu 98% an Malaien vergeben – was wiederum dazu führt, das z.B. Chinesen gar nicht an die öffentlichen Unis gehen, sondern nur an private Colleges. Mit den Schulen sieht es ähnlich aus, denn es gibt spezielle Islamschulen und chinesische Schulen, was die Bevölkerung gleich von Anfang an aufteilt. Mit der Jobverteilung geht’s ja dann gleich weiter. Hier findet also das Gegenteil von Inklusion statt: Der Bevölkerung wird durch Gesetze verboten, sich irgendwie großartig miteinander zu vermischen. Das einzige, das sich hier mischt, ist das Essen. Guten!
Wildlife II
Welcome to the Jungle
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Ein Kommentar
Sören
Dieses System hört sich schon ziemlich seltsam an. Man stelle sich mal vor, im deutschen Pass gebe es die Kategorie “Rasse” Oo. Dann haben also Chinesen, Indigene oder Inder, die sich keine Privatschulen leisten können, den schwarzen Peter oder? Für die Inder müsste es allerdings vertraut sein. Die kenn sich ja mit dem Kastensystem aus :-/
Ich hoffe, für dich als “Exotin” bist davon möglichst wenig betroffen. Vielen Dank jedenfalls für die malayische (stimmt das Wort so?) Völkerkunde!